Ziel: Reflexion über die Machtungleichheit zwischen Erwachsenen und Kindern bei Entscheidungsprozessen, aber auch über die Sinnhaftigkeit oder Sinnlosigkeit mancher Regel oder Vereinbarung.
Zielgruppe: Junge Menschen (ab etwa 8 Jahren), Eltern, Sorgeberechtigte, Fachkräfte
Voraussetzungen/Barrieren: Sprachkenntnisse, Mobilität
Zeitrahmen: 30 – 45 Minuten
Materialien & Vorbereitung: Entscheidungsfragen vorbereiten (siehe unten); vier große Karten mit
—„Kind“
—„Eltern/Sorgeberechtigte“
—„Fachkraft (Sozialarbeiter*in, Ärzt*in, Lehrer*in)“
—„Ombudsperson/Richter*in“
oder entsprechenden Symbolen erstellen und in den vier Ecken des Raumes aufhängen. Die Mitte des Raumes muss frei sein, um sich zu bewegen.
Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung (2009): Compasito. Handbuch für Menschenrechtsbildung mit Kindern. Bonn. Geändert von Iven Saadi und Philip Meade, Stand: 22.11.2019


Durchführung:

Die Moderation liest nacheinander mehrere Situationen vor, bei denen es um Entscheidungsfragen geht. Die Teilnehmenden positionieren sich daraufhin in den vier Ecken des Raumes, je nachdem, ob das „Kind“, die „Eltern/Sorgeberechtigten“, die „Fachkraft“ oder die „Ombudsperson/Richter*in“ ihrer Meinung nach letzten Endes entscheiden soll. Die Moderation sollte betonen, dass es dabei keine „richtige“ oder „falsche“ Positionierung gibt.

Wenn Teilnehmende sich nicht eindeutig positionieren können oder es eine gemeinsame Entscheidung sein soll, dürfen sie auch zwischen den Ecken stehen bleiben. Nachdem sich alle aufgestellt haben, fragt die Moderation einzelne Teilnehmende, warum sie sich so und nicht anders positioniert haben. Nach einer kurzen Diskussion werden alle Teilnehmenden gefragt, ob sie sich umpositionieren möchten.

Beispielfragen, die der Zielgruppe angepasst werden sollten:

  • Wer soll entscheiden, ob du deinen Teller aufessen sollst?
  • Wer soll entscheiden, ob du allein zu Hause bleiben kannst, während deine Familie verreist?
  • Wer soll entscheiden, wo du nach der Trennung deiner Eltern wohnen solltest?
  • Wer soll entscheiden, was du anziehst?
  • Wer soll entscheiden, ob du dich vegan ernähren sollst?
  • Wer soll entscheiden, ob du rauchen darfst?
  • Wer soll entscheiden, wann du ins Bett musst?
  • Wer soll entscheiden, ob du ohne Aufsicht im Internet surfen darfst?
  • Wer soll entscheiden, wie lange du zocken darfst?
  • Wer soll entscheiden, welcher Religion du zugehörig bist?
  • Wer soll entscheiden, ob du die Schule verlassen darfst?
  • Wer soll entscheiden, ab wann du ein eigenes Handy bekommst?
  • Wer soll entscheiden, ob du dich einer schwierigen Operation unterziehst?
  • Wer soll entscheiden, ob du in eine Pflegefamilie kommst?

Nachbereitung & Auswertung:

Die Teilnehmenden werden gefragt, ob es schwer war, sich zu positionieren und woran das liegen könnte. Welche Rolle spielt das Alter des Kindes in der jeweiligen Situation? Gab es Unterschiede zwischen persönlichen Wünschen und gesellschaftlicher Realität? Welche Machtverhältnisse spielen dabei eine Rolle? Die Methode kann zu weiterführenden Themen bezüglich der Partizipation von Kindern und Jugendlichen führen.

PS. Meiner Erfahrung nach ist es selten der Fall, dass sich Kinder stets in der Ecke zum „Kind“ positionieren. Auch sie wollen Entscheidungen teilen, schwierige Entscheidungen manchmal auch abgeben. 🙂