Ziel: Möglichst viele Teilnehmende an eine Diskussion beteiligen. Vielfältige Perspektiven in eine rege Diskussion einfließen lassen.
Zielgruppe: Alle Menschen (ab etwa 5 Jahren)
Voraussetzungen/Barrieren: Sprachkenntnisse
Zeitrahmen: 30 – 60 Minuten (je nach Thema)
Materialien: Ausreichend Stühle
Quelle: Philip Meade, Stand: 23.08.2022


Hintergrund:

Bei Gruppendiskussionen dominieren häufig nur einige wenige Teilnehmende. Für das Nichtgehörtwerden der anderen Teilnehmer*innen gibt es vielfältige Gründe. Beispielsweise gibt es dominante Redner*innen, die sich eloquent ausdrücken, laut und forsch sind während andere eher schüchtern, unsicher oder leise daherkommen. Bildungsprivilegien und Vorwissen werden in der Diskussion sicht- und hörbar und weisen auf (verdeckte) Hierarchien hin. Wer wird gehört, wer nicht? Welches Wissen findet Beachtung, welches geht unter?

Es gibt viele Methoden, um solche Dynamiken entgegenzuwirken. Doch sie haben alle ihre Vor- und Nachteile und können diese Schwierigkeiten niemals gänzlich überwinden. Ich halte die Fishbowl-Diskussionsmethode dennoch für sehr vielversprechend, vor allem wenn sie richtig eingeführt wird.

Vorlauf:

Ein Thema wird im Vorfeld der Fishbowl-Diskussion ausführlich behandelt. Hilfreich ist, wenn bereits in dieser Phase viele unterschiedliche Perspektiven aufgezeigt werden. Dabei können bereits zentrale Elemente gesammelt und stichwortartig festgehalten werden. Hierzu zählen auch offene Fragen, schwierige Dilemmata, kontroverse Aussagen oder widersprüchliche Darstellungen. Vielleicht gibt es zusätzlich einen Faktencheck? Gegebenenfalls können Teilnehmende schon in Pro-/Kontra-Gruppen aufgeteilt werden oder diverse Rollenkarten entwickeln.

Ablauf:

Die Stühle im Raum werden in zwei zentralen Kreisen aufgestellt: Einen kleinen inneren und einen großen äußeren Kreis. Der innere Kreis besteht aus gewöhnlich vier bis sechs Stühlen während im äußeren Kreis genügend Stühle vorhanden sein sollten, um alle übrigen Teilnehmer*innen zu platzieren. (Alternativ kann der äußere Kreis auch stehend sein.) Der innere Kreis sollte von außen gut sichtbar sein. Falls Teilnehmende auf Rollstühle angewiesen sind, sollte hier auf Barrierefreiheit geachtet werden.

Zu Beginn der Diskussion erklärt die Moderation ausführlich die Vorgehensweise. Nur die Menschen im inneren Kreis reden, während die im äußeren Kreis schweigen und zuhören. Zu Beginn der Diskussion setzten sich Freiwillige in den Innenkreis und tauschen Perspektiven und Argumente aus. Will jemand aus dem äußeren Kreis sich an die Diskussion beteiligen, tippt sie*er jemand aus dem inneren Kreis auf die Schulter. Diese Person darf noch ihren Satz zu Ende sprechen, sollte dann aber aufstehen und sich in den äußeren Kreis platzieren. Die*der neue Diskussionsteilnehmer*in im inneren Kreis beteiligt sich solange an die Diskussion bis sie*er wieder abgelöst wird.

Erfahrungsgemäß beginnen jene Teilnehmer*innen die Diskussion, welche sich sicher fühlen. Nach und nach beteiligen sich aber auch die eher schweigsamen Teilnehmer*innen. Vielredner*innen werden häufiger abgelöst sodass sich die Gruppe gewissermaßen selbst reguliert. Der Vorteil an der Fishbowl (im Vergleich etwa zu einer Podiumsdiskussion) ist dass jede*r zumindest die Möglichkeit hat, sich an die Diskussion zu beteiligen während niemand dazu gezwungen wird.

Auf die Fishbowl-Diskussion sollte ein Reflexionsgespräch folgen. Folgende Fragen könnten dabei gemeinsam erörtert werden:

  • Haben sich alle Teilnehmende während der Diskussion wohl gefühlt? Falls nicht, woran lag dies?
  • Welche Perspektiven waren neu? Was wurde hinzugelernt?
  • Gab es Perspektiven, die zu kurz kamen oder gänzlich fehlten?
  • Welche Dynamik entwickelte sich? Woran lag dies?

Besonders interessant ist es, wenn Erwachsene und Kinder gemeinsam an einer Fishbowl-Diskussion teilnehmen. Welche Machtdynamiken entstehen? Werden die jungen Menschen so ernst genommen wie die älteren? Erhalten sie etwa die gleiche Redezeit? Werden sie häufiger unterbrochen/ausgetauscht?

Varianten:

Es gibt viele Varianten, eine Fishbowl-Diskussion durchzuführen. Sie kann zum Beispiel moderiert werden. Oder es bekommen Menschen im äußeren Kreis eine besondere Aufgabe (etwa auf spezifische Aspekte zu achten, Notizen zu machen oder für bestimmte Diskriminierungsmechanismen zu sensibilisieren). Oder der innere Kreis ist so groß wie der äußere und es wird auf Zeichen der Moderation gewechselt. Oder Teilnehmende geben nicht ihre eigene Meinung wieder, sondern nehmen eine bestimmte Rolle an. Die Möglichkeiten sind unendlich. Wichtig ist bloß, eine gute Einführung und eine respektvolle Diskussion.

Auch in online-Videokonferenzen funktioniert die Methode hervorragend. Hierfür schalten die Konferenzteilnehmer*innen, die sich im Außenkreis befinden, ihre Kameras und Mikros aus. Nur die im Innenkreis behalten ihre Kameras und Mikros an. Sollte eine Person aus dem Außenkreis in den Innenkreis wechseln wollen, schaltet sie ihren Mikrofon ein und fordert eine*n Teilnehmer*in mit Namen auf, den Kreis zu wechseln.